Kurz vor Bezug des Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrums (GSZ) der hallischen Universität in der Emil-Abderhalden-Straße spaltet ein Streit um den Straßennamensgeber die Öffentlichkeit. In einem offenen Brief forderte eine Gruppe hallischer Wissenschaftler im Herbst 2013 den Stadtrat auf, die Straße umgehend mit einem neuen Namen zu versehen. Abderhalden sei „nachweislich“ ein „Rassist der ersten Stunde“ und ein „überzeugter rassentheoretisch argumentierender Eugeniker“ gewesen. Die Abderhalden-Straße als Postanschrift des GSZ sei deshalb, so der der Politikwissenschaftler und Initiator des Professorenprotests Johannes Varwick, „ein Skandal erster Ordnung“, man könne „einen Altnazi nicht würdigen“. Auf der anderen Seite loben die Gegner einer Straßenumbenennung Abderhaldens soziales Engagement und betrachten ihn, wie der hallische Historiker Henrik Eberle, als „Menschenfreund“, der „die Welt verbessern“ wollte.
Eigentlich hätte die Debatte um die Namensänderung im Sommer 2014 fortgesetzt werden sollen, da für diesen Zeitpunkt ein von der Leopoldina angekündigtes Gutachten endgültig über Abderhaldens Rolle im Nationalsozialismus aufklären sollte. Da sich die Nationale Akademie der Wissenschaften mit ihrem früheren Chef offenbar schwer tut und die Studie noch immer nicht erschienen ist, hat die AG Antifa ihr eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. Der Lokalhistoriker Knut Germar hat sich Abderhaldens Biografie und Rolle genauer angeschaut und will in einem Vortrag erläutern, warum die Befürworter der Umbenennung falsch liegen und die Abderhalden-Freunde besser schweigen sollten.
Radio Corax hat sich mit Knut Germar über Emil Abderhalden und seine Rolle im Nationalsozialismus unterhalten.
Der Historiker Knut Germar wird am Donnerstag um 19 Uhr im Melanchthonianum über Emil Abderhaldens Rolle im Nationalsozialismus sprechen. Die Veranstaltung wird von der AG Antifa angeboten.